Die Uhrmacherin – Im Sturm der Zeit_ Roman (Die Uhrensaga 1) (German Edition) by Claudia Dahinden

Die Uhrmacherin – Im Sturm der Zeit_ Roman (Die Uhrensaga 1) (German Edition) by Claudia Dahinden

Autor:Claudia Dahinden [Dahinden, Claudia]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Penguin Verlag
veröffentlicht: 2021-11-30T22:00:00+00:00


27

Der Diener, der Gideon das Köllikersche Anwesen öffnete, sah ihn an, als strömte er einen schlechten Geruch aus. Herr Kölliker sei nicht da.

»Wo ist er zu finden?«

»Was geht hier vor?« Frau Kölliker stakste auf ihn zu, das grau-blonde Haar hochgetürmt über der blässlichen Stirn.

»Der Herr sucht den Herrn.« Das erste »Herr« kam dem Diener nur mühsam über die Lippen.

»Ich muss Ihren Mann sprechen. Wo finde ich ihn?«

Sie hob die Hand zu den murmelgroßen Perlen in ihren Ohrläppchen. »Was ist passiert?«

»Ich benötige nur ein paar Informationen, meine Dame.«

Gideons Kopf pochte dumpf. Die Arroganz dieser »Dame« brauchte er so wenig wie ein Magengeschwür, und er war den dritten Tag in Folge in Grenchen. Dieses Kaff war seine Nemesis.

Fronleichnam hatte alles Bisherige übertroffen. Erst hatte Friedli ihn zur Unterstützung ins Wirtshaus Löwen gerufen, und es war mehr als unangenehm gewesen, die Streithähne zu trennen. In den Dörfern um Solothurn waren mehrere Scharmützel aufgeflackert, und vor dem Solothurner Sankt Stephan war es wieder heiß hergegangen. Wittmer hatte auf eine detaillierte Berichterstattung bestanden, und er hatte der Sache den ganzen Vormittag gewidmet. Und jetzt das! Aber Kölliker war eine Spur, der man nachgehen musste. Viktor war unterwegs, um die Erlauchten Solothurns auf der Liste abzuklappern, aber bisher hatte keiner eine so starke Verbindung zu den Toten wie Kölliker.

Die Kölliker musterte ihn angstvoll. Ein befriedigender Anblick, aber für die Verhaftung eines Mannes mit solchen familiären Verbindungen brauchte er mehr als einen Bordellbesuch. Von diesen Verbindungen zeugte auch die geschmackvoll möblierte Eingangshalle der Köllikers: an der Wand ein Bild des Malers Disteli, ein alter Stich der Stadt Solothurn und ein großes, farbig gedrucktes Wappen. In der Mitte prangte ein gehörntes Tier.

Gideon stutzte. »Was ist das für ein Wappen?«

Für einen Moment schien Frau Kölliker die Angst zu vergessen. »Es ist das Wappen meiner Familie.«

»Was ist mit Ihrem Mann? Trägt er es auch, oder hat er ein eigenes?«

Ihre Lippen kräuselten sich. »Seine Familie hat kein Wappen, aber er ist stolz, unseres zu tragen.«

»Trägt er einen Ring?«

Sie sah ihn an, als hätte er sie nach Köllikers Leibwäsche gefragt. »Ich habe ihm zu unserer Verlobung einen geschenkt, aber er trägt ihn selten.«

Das war hochinteressant. »Wo finde ich also Ihren Mann?«

»Er isst im Löwen.« Die Angst war in ihre Augen zurückgekehrt. Gideon verließ das Haus, bevor Frau Kölliker etwas erwidern konnte.

Das Wirtshaus Löwen thronte an der Kreuzung zur Kirchstraße. Es hatte sich seinen jahrzehntealten Ruf als Revoluzzerhort redlich verdient und war öfters Schauplatz von Versammlungen gegen die Obrigkeit gewesen; die Liberalen hatten hier ihren »Holzstreik« von 1836 besprochen. Gideon hatte in seiner Grenchner Zeit der Wirtschaft ab und zu einen Besuch abgestattet; Gott sei Dank selten dienstlich.

Das Innere trug noch Spuren der Fronleichnams-Schlägerei, und Euseb Girard, der ihm entgegenkam, lächelte säuerlich. »Ich schwöre, dass heute keine Stühle zu Bruch gegangen sind.«

Der Löwenwirt, dessen vorzügliches Bier bis nach Solothurn bekannt war, war Mitte sechzig, und man munkelte, dass er seinen Gasthof bald seinem Sohn übergeben wollte. Seine Locken waren ergraut, und er hatte Fett angesetzt, aber mit den kräftigen Brauen, der geraden Römernase und seinem markanten, spitzen Kinn sah er immer noch gut aus.



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